Traumgefühle
Frühnebel im Strelasund |
Die Marina Neuhof wird mir bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben. Super freundliches Hafenbüro, richtig gutes Essen im Restaurant mit einer erfrischenden Bedienung, eine gut ausgestattete Steganlage und der schönste Sonnenuntergang. Erst als ich ein bisschen auf der Anlage spazieren ging, stellte ich fest, dass ich hier schon einmal war, damals als wir gerade auf Langfahrt mit der 39er Bavaria waren. Schon damals bestach das Restaurant mit seiner einfachen aber guten Küche und ich setzte mit unserem Beiboot auf die andere Seite über, daran konnte ich mich erinnern. Ist es wirklich schon so lange her? Fast sieben Jahre. Damals hätte ich mir nie vorstellen können, dass ich mal einhand auf eigenem Kiel hier her zurück kommen werde...
Bereits recht früh am Morgen starte ich den Motor. Unglaublich, diesmal werde ich mit dem schönsten Sonnenaufgang begleitet. Draußen auf dem Strelasund liegen zarte Nebelschwaden auf dem Wasser. Mystisch wirkt die Landschaft. Ist das schön! Ich fühle ein unfassbares Glück in mir. Da kein Wind ist, motore ich mit festgestelltem Ruder und genieße mein am Vortag vorbereitetes Frühstück. Es wird mein letzter Törn ohne Autopilot sein. Was hat es mir gebracht? Akua zeigte mir, dass ich unterwegs auch durchaus mal stoppen kann und auf dem Wasser eine kleine Pause machen kann. Kein Beinbruch, wenn ich mal die Segel wieder herunter nehme und meinen Bedürfnissen nachgehe. In der Ruhe liegt die Kraft und solange es der Skipperin gut geht, macht das Segeln auch ohne Piloten Freude. Noch immer meinte ich getrieben zu sein, von was auch immer. Ich glaube, dass mich eine unterschwellige Sorge auf dieser Reise begleitet hatte. Ich dachte ständig, ich bekomme keinen Liegeplatz mehr. Das beste Heilmittel dagegen war der frühe Start. Und je früher ich unterwegs war, desto relaxter konnte ich unter Segeln sein, auch ohne Selbststeueranlage. Ein schöner Nebeneffekt vom frühen Start sind die tollen Sonnenaufgänge und das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein. Selten, dass mir Boote um diese Zeit begegnen. Die Natur wirkt unberührt, lässt mich an ihrem Aufwachen teilhaben und berührt gleichzeitig mein Gemüt. Jede Faser in mir scheint auf Tiefenentspannung eingestellt.
Den Bodden hingegen zu queren war mit leichter Quälerei verbunden. Kaum Wind, Motor an, Segel hoch, Motor aus, Motor an, Segel runter... so zog es sich auf zwei Drittel der Strecke hin. Endlich blieb mal der Wind beständig, so dass ich dann doch recht zügig bei 3bft die Lubminer Küste erreichte. Im Hafen wartete bereits die Besatzung der Fides auf mich. Der erste Liegeplatz, den sie für mich aussuchten war leider zu klein. Akua war zu fett, was ihr eher selten nachgesagt wird. Schwer ja, aber nicht fett... Mittlerweile macht es mir nichts mehr aus, die Plätze in einer Marina zu wechseln. Das habe ich von meinem Seemann. Er sagte mir, dass er sich nicht scheute, Liegeplätze innerhalb einer Marina zu tauschen, dadurch lernte er sein Boot immer besser kennen. Er hat damit vollkommen Recht.
Blick auf den Strand von Lubmin |
Es war schön, Ricarda und Frank von der Fides wiederzusehen. Auch sie hatten zunächst vor, Usedom von der Ostsee aus entlang zu segeln. Doch sie entschieden sich fürs Achterwasser und brachen am nächsten Tag nach Peenemünde auf. Ich bleibe noch, denn mein Seemann kommt vorbei, wechsle erneut meinen Liegeplatz, dort wo die Fides lag und dann ging es auch schon dem Display meines Autopiloten an den Kragen. Das mein Seemann das hinbekommt, daran zweifle ich überhaupt nicht mehr. Wenn er sagt, er bekommt das hin, dann klappt das auch. Das lernte ich in unserer Beziehung. Das einzige was ich noch machen muss, ist raus zu fahren, um neu zu kalibrieren. Jedenfalls funktioniert das Display, nur die Gradzahl scheint nicht zu stimmen. Mein Kompass im Übrigen hat auch das Zeitliche gesegnet. Es fehlte ja auch schon Flüssigkeit, so dass ich mich entschied auch den zu wechseln, sobald ich wieder zu Hause bin. Ich habe noch mein Handy mit GPS, so dass ich ohnehin weiß, wo ich bin und welchen Kurs ich gerade nehme.
Das alte Display vom Autopiloten |
Es war schön, mal wieder mit meinem Seemann etwas Zeit zu verbringen. Wir gehen am Strand spazieren und besuchen das Kaffee in meinem Stammhotel, dann macht sich mein Seemann auch schon wieder auf den Weg nach Hause. Ich werde noch einen Tag bleiben und die Einsamkeit genießen, denn viel los ist in der Marina gerade unter der Woche nicht. Doch dann trau ich meinen Augen nicht, da kommt tatsächlich eine Etap 28 rein und legt sich ganz in meine Nähe, zwei Plätze weiter. Schnell komme ich mit der Crew, einem schon älteren Ehepaar ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass es genau die Etap ist, die mich im Strelasund in ihrem Kielwasser zurückließ. Ich solle mir nix drauß machen. Es sei kein Wunder, denn die Genua, die sie gefahren sind, sei eigentlich viel zu groß und kaum händelbar für die beiden. Tatsächlich reicht sie bis weit hinterm Mast nach Achtern. Einmal losgeworfen, bekommen sie das Tuch kaum noch gebändigt. Ich weiß nicht, ob sie mir das nur erzählen, damit ich nicht ganz so frustriert zurück bleibe. Aber ich bin ja nicht frustriert, im Gegenteil, ich gönne es den beiden. Schließlich haben Sie doch ein paar mehr Segeljahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte Erfahrung auf dem Buckel. Ich hingegen kann nun mein Einjähriges mit Akua auf dem Wasser feiern.
Akua in Lubmin - seit 2007 mit dem Bau der Marina wünschte ich mir hier einmal zu liegen... |
Einer der schönsten Sonnenuntergänge begleitet mich. Ich stehe im knöcheltiefen Wasser und stelle mir vor, ich sei in Thailand, dort, wo ich das erste mal in meinem Leben auf einem Segelboot mitgesegelt bin. Ja, es könnte überall auf der Welt sein, wo es wunderschön war. Ich fühle mich komplett erfüllt...
Blick ins Logbuch
Neuhof – Lubmin, 5:59 – 11:35 / 5:35:33, 20,5sm / 37,9km, O/SO 0bis3bft
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