Etap 28i versus Dehler 28s

 

Kloster

Was für ein Schreck! Kaum dass ich aus der Marina Kloster raus bin, will ich die Segel setzten. Dabei hab ich nicht mehr aufm Schirm, dass es hier tüchtig flach ist und ich mich unbedingt an die Fahrrinne halten muss. So genau ist die nicht betonnt, was einem dazu zwingt, mal in die Karte zu schauen. Jo und da lag der Fehler und Akua auf Grund. Das war ohnehin einer meiner schlimmsten Alpträume, diese Sache mit der Grundberührung. Mein Kiel ist wirklich am Rumpf lang gezogen und flach. Man kann Akua darauf auf dem Trockendock fast schon sorglos abstellen, was eben auch bedeutet, wenn sie mal steht, dann eben flächig und sicher. Ich versuche es zunächst mit Motorkraft voraus, getreu dem Motto mit Fahrt durch den Schlick. Das war leider nix. Akua sitzt fest und tut nicht der gleichen. Ich kann durchs Wasser den Grund sehen, also natürlich bevor ich den Boden aufwühle. Na gut, wenns vorwärts nicht weiter geht, dann halt rückwärts. Das das nun so einfach ging, hätte ich nicht gedacht. Irgendwie dreht sich mein Boot und war plötzlich frei. Meine Güte, was für eine Aufregung am Morgen! Und natürlich gehe ich davon aus, dass jeder in der Marina bis zu mir gucken kann und alle es gesehen haben müssen. Und es sagt mir auch gleich wieder, dass es mit der schönen freien Segelei nun auch wieder vorbei ist. Ich muss durch den Strelasund und das heißt ausnahmslos Tonnenstrichsegelei. Ich werde in diesem Leben wohl keine Freundin mehr davon.

Vorgenommen habe ich mir diesmal bis Stralsund zu kommen, doch hadere ziemlich mit mir. Es ist irre heiß auf dem Boot und die Vorstellung ich wäre in der stickigen Stadtmarina, die lässt mich nun nicht gerade jubeln. Dann heißt es wieder geballter in verhüllte Gesichter zu blicken und überhaupt ertrage ich momentan nicht so viele Menschen. Also muss ich es durch die Brücke schaffen. Ich liege dafür super gut in der Zeit und rechne mit einem kurzen Aufenthalt vor Stralsund.


Mit 5-6knt Fahrt bin ich zügig unterwegs. Doch eine Stunde vor Stralsund schläft der Wind ein. Ich muss motoren. Mein neues Ziel könnte Neuhof sein. Warum nicht. Schon einen Tag später möchte ich weiter nach Lubmin, denn dort treffe ich Ricarda und Frank von der Fides wieder. Aber das ist nicht der einzige Grund. Lubmin ist eins meiner Traumziele auf dieser Reise. In Lubmin habe ich viele Jahre immer wieder ein paar Tage zusammen mit meiner Tochter verbracht. Ich liebe diesen kleinen Ort, den Strand und die Seebrücke und mein Lieblingshotel direkt an der Promenade. Aber das Highlight wird der Besuch meines Seemannes sein. Er bringt mir unter anderem das Display meines Autopiloten mit, so dass ich dann ganz relaxt die Runde um Usedom beenden kann.


11.00Uhr erreiche ich Stralsund. Ich schaue am Stadthafen vorbei, vielleicht finde ich doch einen netten Platz, aber dort ist entweder alles besetzt oder ganz und gar abgesperrt. Also schippere ich gechillt weiter zur Brücke. Ein anderer Segler liegt bereits an einem der fetten Dalben. Ich beschließe ebenfalls  festzumachen, falls ich ihn treffe, den Dalben meine ich. Alles passt gut und mit Bootshaken bekomme ich auch meinen Festmacher vom Bug eingehakt. Schön, so eine kleine Kaffeepause. Es gibt Butterkekse und ich kann ganz entspannt die Toilette nutzen.

Kurz vor Brückenöffnung kamen viele Boote aus ihren Häfen. Ich ließ sie alle vor. Eile hab ich nicht. Das Wetter ist so schön, ein bisschen zu wenig Wind vielleicht. Nach der ersten Biegung setze ich die Segel und erspähe eine Etap 28 vor mir. Bevor ich mich für die Dehler 28 entschied, schaute ich mir auch die Etap an. Doch ich wurde nicht warm mit ihr. Die Dehler überzeugte mich mehr. Vielleicht lag es aber auch an der Motorisierung. In der Etap wurde ein 18 PSer verbaut. Dafür hätte ich einen Schein machen müssen und darauf hatte ich nun gar keine Lust. Die Dehler 28 ist eins der wenigen Boote dieser Größe, die unter den 15PS bleibt. Das hat Vor- und Nachteile. Nachteil ist ganz klar, die 10 PS genügen gerade so für Hafenmanöver und Flaute, wobei ich da schon zum Vorteil übergehe. Selbst bei Flaute neige ich dazu den Motor nicht anzuwerfen. Ich bin mal von Ueckermünde bis Mönkebude gedümpelt. Das sind gerade mal 7sm. Ich hab über 3 Stunden bei 1-2bft gebraucht und es war herrlich. Kaffee, Butterkekse, Flöte spielen und faul aufm Deck rumliegen, ab und an mal die Beine ins Wasser tauchen. Ich hatte keine Nöte. Aber bei ordentlich Wind und Welle gegenan in eine Hafeneinfahrt zu kommen, oder unter einem gewissen Zeitdruck irgendwo anzukommen, stelle ich mir schon recht mühsam vor. Bislang jedoch blieben diese Erfahrungen eher aus. 

Die Etap trumpft mit ihrem aufgeschäumten Rumpf auf. Unsinkbar soll sie sein. Dafür verspricht die Dehler ein besseres Rigg mit Selbstwendefock und Willi Dehler selbst verweist auf eine ordentliche Rettungsinsel. Wenn die Etap doch mal volllaufen sollte, läge sie wie ein Stein im Wasser und ist nicht mehr manövrierbar, so sinngemäß seine Worte. Ein Zitat von ihm: "Unsinkbarkeit ist eine Pseudosicherheit" Der damalige Werftchef der Etap Achilles Daelmann setzte entgegen: "Unsinkbarkeit ist eine Lebensversicherung." Ich blieb ein Dehlerfan und neige nicht zum unbedingten Sicherheitsgefühl. Selbst ein Funkschein lockt mich nicht aus der Reserve. Irgendetwas in mir sagt mir, dass das Wichtigste nach wie vor die Wartung des Bootes sei und das Gefühl zum eigenen Schiff. Je besser ich es kenne, desto mehr Sicherheit bietet es mir, vorausgesetzt es bringt auch ein gewisses Maß an Qualität mit. Jedes Geräusch ist wichtig, jede Veränderung, jede Sache, jedes Fall, der kleinste Splint, einfach alles. Doch eine hundertprozentische Sicherheit wird es so ohnehin nicht geben, jedoch das Vertrauen in mich selbst, in jeglicher nicht erdenklichen Situation eine Lösung finden zu können, die ich jetzt noch nicht kenne. Und je mehr Erfahrung ich sammle, desto reichhaltiger der Pool der eigenen Fähigkeiten, die sich parallel dazu entwickeln können. Das macht das ganze Projekt Segeln so unglaublich spannend für mich.

Die Etap scheint innen etwas komfortabler, hat eine feste Bugkoje, eine schöne Panoramascheibe und kommt auch so etwas geräumiger daher. Die Dehler hingegen wirkt unter Deck eher aufgeräumt. Ein großes Plus war für mich der Kartentisch mit dem wegklappbaren Stuhl. Tatsächlich nutze ich den sehr häufig, quasi mein Lieblingsplatz. Da ich überwiegend alleine unterwegs bin, fehlt mir die feste Koje im Bug nicht. Sollte doch mal jemand bei mir übernachten, kann die Lehne des Sofas nach oben geklappt werden. Durch die fehlende Trennung wirkt der Salon der Dehler etwas großzügiger, falls man das Wort überhaupt im Zusammenhang mit der 28er benutzen kann. Pantry und WC - Raum der Dehler nun ja wirken im Vergleich zur Etap etwas abgespeckt und nicht gerade Licht durchflutet. Aber auch hier fällt das für mich als Einhandseglerin kaum ins Gewicht. Nicht alle Dehler 28 verfügen über eine Kompressorkühlbox. Ich weiß jetzt nicht wie das grundsätzlich bei der Etap ist. Dort müsste zumindest ein Fach dafür in der Pantry neben der Spüle vorgesehen sein. Bei mir befindet sich extra ein ausschiebbares Fach unterm Tisch dafür. Ganz klar muss ich sagen, dass mir die Dehler 28 zu klein wäre, würde ich überwiegend zu zweit segeln. Möglich, dass da die Etap in dieser Hinsicht besser abschneidet. Gleichzeitig wäre mir die Etap allein zu avanciert. Ich benötige einfach die Bugkoje nicht dafür lege ich aber einen sehr hohen Wert auf den Kartentisch, der in der Etap mir so beiläufig vorkommt.


Traumhaft hingegen finde ich die Dehler außen. Dort wirkt sie für mich super aufgeräumt, wohl abgestimmt und klar, schöne Linien, sehr harmonisch. Das Rigg hat mich, trotz fehlendem Traveler, gnadenlos überzeugt. Eine Selbstwendefock möchte ich nicht mehr missen. Einhand verzichte ich gern auf Spinnacker oder Genacker. Ein ordentliches Laufdeck war mir besonders wichtig und der Zugang Achtern vom Cockpit zur angedeuteten Badeplattform. Ich segle Akua offen. Der zweite Lieblingsplatz ist die Treppenstufe am Heck. Läuft Akua sauber unter der Pinnensteuerung hocke ich dort schon mal ganz gern. Die Etap dagegen klotzt ein bisschen, ist hochbordiger, breiter und etwas schwerer. Auch sie hat ein gut durchgezogenes Laufdeck. Beide Boote verfügen über ein 7/8 Rigg.

Die Dehler ist mit 2,80m deutlich schmaler als die 3,13m breite Etap. Angeblich soll die Dehler etwas flinker sein. Das relativiert sich bei mir durch den umgebauten Kiel mit Schwert. Für die Akua benötigt man schon ein gut gebautes Selbstbewusstsein, denn niemand sieht ihr auf See den Kiel an und spätestens wenn eine zweite 28er daher kommt und kühn überholt, hab ich das Nachsehen. Das sieht dann im Flachwasser wieder ganz anders aus. Mir wurde schon mal beim Abkürzen ganz hektisch zugewunken, da wo ich sei, könne man eine Dehler nicht segeln. Im nächsten Hafen klärte ich dann aber den Besorgten auf, was für Erstaunen sorgte. Ob es eine Etap mit einem Kielschwert gibt, weiß ich nicht, doch der Tiefgang von 1.15m Festkiel gegenüber der traditionellen Dehler 28 mit 1,30 benötigt ein Schwert vielleicht auch nicht wirklich. Wahlweise ist die Etap noch mit einem Festkiel von 1,60 zu finden. Mein variabler Tiefgang liegt bei 0,80 und 1,60 m.



...noch ein Vorteil von meinem Kielschwerter - er passt auf seinem Trailer wunderbar in unsre Halle und lässt sich super manövrieren


Auf dem Gebrauchtmarkt greift man bei einer Etap 28i doch etwas tiefer ins Portemonnaie, falls sie überhaupt auffindbar ist. Da läuft einem die Dehler 28s schon häufiger übern Weg, oftmals mit sehr guter Ausstattung und noch unter 30000 Euro.


eine Etap 28i


eine Dehler 28s
bislang habe ich versäumt, einen kleinen Film von meiner Dehler 28s zu machen. Das werde ich in der nächsten Saison vielleicht noch nachholen...


Ich halte mit der Etap im Strelasund hinter der Stralsunder Brücke zunächst gut mit, auch wenn sie ganz schön flott unterwegs ist. Ich klebe nahezu an ihrem Heck. Mir ist aber auch klar, dass ich gerade auf Akuas Schokoladenseite segle. Sobald ich wenden muss, wird Akua an Fahrt verlieren. Die Etap hat außerdem noch eine super große Genua aufgezogen. Die reicht bis zum Cockpit. Die Fock meiner Dehler schaut dagegen schon eher mickerig aus. Es kommt wie es kommen musste. Nach der Wende loose ich komplett gegen die Etap ab. Sie lässt mich regelrecht in ihrem Kielwasser stehen. Hinzukommt, dass der Wind auch noch einschläft. Ich verliere die Etap aus den Augen und erreiche kurze Zeit später die Marina in Neuhof. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht weiß, der Etap werde ich wieder begegnen. Die Eigner erklären mir auch, dass ich nicht das einzige Boot bin, die sie abhängen und lüften das Geheimnis...


in der Marina Neuhof



Blick ins Logbuch

Kloster - Neuhof
6:36 bis 14:08 Uhr / 7:30:05
22,7sm / 42,7km
O/SO
4-1bft, Sonne satt






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