Ostsee satt!
Ursprünglich wollten Ricarda, Frank und ich gemeinsam unterwegs sein, doch hier in Sassnitz trennen sich unsere Wege. Mich zieht es um die Insel herum, die Crew der Fides jedoch möchte zurück in den Bodden und nach Greifswald. Mir ist nach Strandurlaub, nach Dünen, Muscheln, Salzwasser und Wellen, möchte in die Ostseehäfen, was Neues erleben und vor allem aber möchte ich nicht mehr so eingeengt zwischen Land und Tonnen rumgurken. Ich will satt segeln und dafür sieht die Vorhersage super gut aus, wobei ich zunächst erst einmal sanft nach Glowe geschoben werde. Schon recht früh gegen sieben breche ich auf. Jetzt heißt es für mich, dass ich wirklich ganz allein auf mich gestellt bin, niemand mehr, der eventuell schon im Hafen wartet und mir einen Platz freihält. Alles wird neu sein. Ich war zwar schon einmal mit einem Charterboot in Glowe, doch ich erinnere mich nur noch an den schönen Strand genau neben der Marina.
Mein Liegeplatznachbar in Sassnitz mit der Hiddensee hilft mir beim Ablegen. Als er meinen Motor starten hörte, kam er augenblicklich aus seiner Kajüte heraus. Er warf mir meine Vorleine aufs Deck und winkte zum Abschied. Noch im Hafen von Sassnitz klare ich mein Boot auf. Draußen auf See schaffe ich einen großen Schlag auf dem Steuerbordbug. Der Autopilot arbeitet ganz gut, bis ich auf den anderen Bug wende. Aber dieses Spiel kenne ich ja bereits.
In den letzten Tagen hat sich an Bord ein gewisser Ablauf eingespielt. Schon am Abend bereite ich den Proviant für den nächsten Tag vor, räume alles, was nicht mehr gebraucht wird und durch die Gegend fliegen könnte, in die Schapps und wenn ich dann morgens in die Gänge komme, gibt es als erstes einen Kaffee und ich bereite heißes Wasser für die Thermoskanne vor. Doch mit dem Verlust des Piloten, sehe ich später vom Kaffee ab. Sobald ich das Boot für den Törn vorbereitet habe, lege ich auch schon ab. Erst draußen auf See gibt es Frühstück und ich liebe es, vor allem wenn es noch sehr früh ist.
Bis nach Glowe brauche ich satte sechs Stunden. Ich bewundere die aufgehende Sonne und die Kreidefelsen, dann wieder fluche ich, weil ich es nicht lassen kann, immer wieder nach Lösungen für meinen Autopiloten zu suchen. Wenn ich das blöde Ding überhaupt nicht gehabt hätte, so etwas gar nicht gäbe, würde ich mich nicht ärgern. Doch je länger ich die Küste entlang segle und das beeindruckende Panorama bewundere, desto mehr begrabe ich das Kriegsbeil und erlag dem Sanftmut der See und meines Bootes. Ich bin ganz allein mit mir und dem unbeschreiblichen Gefühl, die Welt wäre ein einziges Abenteuer, geprägt von einer unfassbaren Schönheit mit all ihren Facetten. Ich fühle keine Angst, keine Bedenken, bin mir und meiner Sache sicher und freue mich auf die Marina, auf den kleinen Küstenort, auf die nächsten Telefonate mit meinem Seemann, auf die Sonnenuntergänge und die Badetage, auf die neuen Liegeplatznachbarn, aufs Kochen und Essen, aufs Einkaufen und Wandern, aufs Leben...
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