Das muss Liebe sein!

Es gibt keinen Grund zur Eile. Ich löse meine Festmacher gegen 11Uhr und brauche trotz mehrmaligem Kreuzen für 8 sm nur 2 Stunden bis Wolgast. Der Stress vom Vortag liegt mir jedoch noch in den Knochen und die Schlaflosigkeit der Nacht. Mir ging so ziemlich alles durch den Kopf, was mit unbeschwertem Segeln einhergehen könnte. Schließlich sagte ich einmal, wenn ich Rügen und Udesom gerundet habe, bin ich für größere Segeltörns auf der Ostsee gewappnet. Vor allem hege ich den Wunsch noch einmal Schweden durch den Göta Kanal zu queren, diesmal einhand und auf eigenem Kiel. Ich spüre, wie dieses Vorhaben in die Ferne zu rücken scheint. Was ist wenn... Solche Gedanken bringen oft nur Verzagen und Mutlosigkeit mit sich. 

Auf dem Weg nach Wolgast wirke ich unkonzentriert, übersehe Untiefen, lasse mich von anderen Booten ablenken, bin nicht mehr bei mir. Ich habe Glück und entgehe nur knapp einer Grundberührung. Ein Polnisches Boot hingegen steckt fest. Hinzukommt, dass ich es vermeide, meinen Motor zu benutzen. Logisch ist das nicht, denn auch wenn unter Motor die Pumpe noch mehr tropft, würde ich Tage brauchen, um erneut WC und Achterkabine unter Wasser zu setzen.  

Pünktlich zum Brückenzug erreiche ich den Stadthafen von Wolgast, doch zu meiner Enttäuschung ist kein Liegeplatz frei. Offenbar will dort niemand so recht durch die Brücke Richtung Greifswalder Bodden. Mist! Kaum dass sich Ärger breitmachen konnte, höre ich ein Bugstrahlruder. Tatsächlich legt ein größeres Motorboot etwas verspätet ab, um doch noch durch die Brücke zu kommen. Mein Platz ist mir sicher und auch für die Fides reicht der Kai. Ein freundlicher Motorbootfahrer nimmt mir die Leinen ab. Meine Fender allerdings hängen zu hoch und werden nach oben gedrückt. Ich bin froh über den umsichtigen Helfer, der mein Boot von der Stadtmauer drückt. Gleichzeitig muss ich mir eingestehen, dass meine Festmacher ungeeignet für andere Häfen sind, denn an ihnen ist noch jeweils ein Ruckdämpfer befestigt. Werfe ich die Leine, zieht der Ruckdämper die Leine nach unten, so dass ich keine Chance habe, den Poller zu treffen. Ich entscheide mich im Hafenbüro mit einem kleinen Laden für Bootsbedarf zwei neue Festmacher 12m lang für unterwegs zu kaufen. Dies erweist sich als gute Investition, denn ab dieser Zeit kommt es zu keinen Zwischenfällen beim Anlegen mehr. Dann ziehe ich mich erneut in die Koje zurück, mein Seemann kündigte sich gegen Spätnachmittag an.

Ausgestattet mit neuem Pumpendeckel und Dichtungen, versucht mein Seemann zunächst die Pumpe zu erhalten. Es nützt nichts, sie scheint einen Riss im Gehäuse zu haben. Die ganze Pumpe muss raus. Und wie es so seine Natur ist, hat er auch gleich Ersatz dabei. In Stralsund ergatterte er die letzte Pumpe. Was für eine Schatz!

Das Auswechseln bereitet ihm Mühe und er ringt um Geduld. Nur mühsam kommt er an die Schrauben ran, die letzte lässt sich nur in viertel Drehungen bewegen. Eine Zerreißprobe für die Nerven und seine Finger. So lange ich meinen Seemann kenne, desto sicherer kann ich mir bei ihm sein, wenn er an etwas glaubt, dann bekommt er es auch hin. Ich brauche nicht zu fragen wie, er nimmt die Herausforderungen an. Die alte Pumpe ist raus, die neue nun an ihrem Platz. Der Volvo leckt nicht mehr und ich bin überglücklich, geneigt zu sagen, jetzt könne der Urlaub beginnen. Verschwitzt und abgekämpft verabschieden wir uns. Es fällt mir schwer ihn gehen zu lassen. Meine schlechte Stimmung der letzen Tage war auch dem geschuldet, dass ich nach der intensiven Zeit mit ihm zusammen auf seinem Boot mir noch nachhängt und ich mich gar nicht richtig aufs Alleinsegeln eingestellt habe. Weder fand ich einen guten Rhythmus, noch verinnerlichte ich mir, nun ohne ihn unterwegs zu sein.

Und auch an Ricarda und Frank sehe ich, wie anders es ist, gemeinsam auf einem Boot zu reisen. Die Planung der Törns ist nun mal nicht vergleichbar, als die einer ohne Crew. Die Verpflegung muss vorbereitet sein, die Startzeit vorverlegt werden, um genügend Puffer zu haben, selbst die Kleidung muss so gewählt sein, dass sie auf Wetterschwankungen eingestellt ist und ich mich auch an der Pinne wohlfühle. Und jetzt, wo ich keinen zuverlässigen Autopilot habe, kann ich unter Segeln nicht die Toilette aufsuchen. Kaffee am Morgen ist ab sofort gestrichen. Arbeitsteilung ist nun mal nicht.

Nächster Stop: Peenemünde Nord

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