Hoch hinaus

Fertig! Akua glänzt wieder, der Staub der Lackiererei aufgewischt und hinfort gewedelt und es sieht auf ihr auch nicht mehr wie auf einer Baustelle aus. Ich bin überrascht, wie viel Stauraum sie in den Backskisten bietet. Alle Fender finden Platz, Festmacher, Eimer und Putzmittel, Zusatztank, Sprit und Ersatzteile. In der Kajüte hingegen muss ich haushalten.
Am Abend findet mein Seemann Zeit. Er hat sich in den Kopf gesetzt, die Akua auf einer Hebebühne vom Trailer zu nehmen, denn wir wissen noch immer nicht, in welchem Zustand das Schwert ist. Als ich die Varianta übernahm, konnten mir die Vorbesitzer nichts übers Schwert sagen, nur, dass es bei ihnen problemlos lief. Kann ich mich darauf verlassen? Ich möchte und muss mich selbst überzeugen, erwarte allerdings nicht zu viel. Ehrlich gesagt, gehe ich sogar vom Schlimmsten aus. Der Kiel mit dem Schwert ist eine Problemzone der Varianta. Oft klemmt das Schwert im über die Jahre verrosteten Kiel. Ins Innere vernünftig zu gelangen, ist einfach nicht möglich. In vielen Fällen sind die Schwerter selbst verwittert, ausgebrochen und verbogen. Wenn wir es nicht rausbekommen, werde ich Akua in dieser Saison ohne segeln und mich im nächsten Winter darum kümmern.

auf den Weg in die Nachbarhalle zur Hebebühne

Ich gestehe, ich bin aufgeregt, als die Akua aus der Lackiererei rausgefahren wird. Seit vier Monaten steht sie in der schön beheizten Halle, seit vier Monaten arbeite ich mal mehr, mal weniger intensiv an ihr. Schon jetzt sind wir zusammen gewachsen, schon jetzt kann ich mir nicht mehr vorstellen, wie es ohne Akua wäre. Ohne Akua und ohne meinen Seemann, der mir so viel geholfen hat.
Stück für Stück manövriert er das Boot zur Hebebühne. Hier ist Maßarbeit gefragt. Wenige Minuten und viele Herzschläge später schwebt sie in der Luft. Was für ein Anblick!



Über eine Leiter klettere ich zu ihr, um das Schwertfall zu lösen und...
...nichts. Das Schwert fällt nicht!
Ich wusste es... Ich hab ja nun viel im Internet über Probleme mit dem Schwert recherchiert. Ersteinmal Ruhe bewahren und einen langen und stabilen Schraubenzieher holen. Damit versuche ich dem Schwert auf die Sprünge zu helfen. Allerlei Muschelschalen lösen sich dabei und dann zeigt es sich. Wir ziehen und rütteln, es fällt endlich und zu unserem Erstaunen sieht es hervorragend aus. Kaum Rost, keine abgebrochenen Kanten, nichts verbogen. Dieses Schwert sieht fast aus wie neu und so spekuliere ich, dass es tatsächlich vor dem letzten Vorbesitzer ausgetauscht wurde. Was für ein Glück! Ich kann es kaum fassen, was für ein Schätzchen hier auf der Hebebühne in die Höhe ragt.



So gut es geht, versuche ich den Kiel innen mit dem Schraubenzieher sauber zu kratzen, damit das Schwert leicht auf und ab gesenkt werden kann. Rost und Muscheln kommen mir entgegen, dann läuft das Schwert sauber, nichts hakt, nichts klemmt. Ich verteile das restliche Antifouling auf dem Rumpf, vor allen an den Stellen, wo es auf dem Trailer auflag und am Kiel. Es reicht sogar noch für das gesamte Schwert.
Als die Akua wieder auf ihrem Trailer steht, bin ich froh. So ganz geheuer war mir nicht dabei.
Fertig! Jetzt aber wirklich! Fertig und bereit fürs Maststellen und Slippen. Wir haben noch Zeit und entscheiden uns spontan, die Akua in die Lagunenstadt zu bringen und den Mast zu stellen. Und der Mast ist das Einzige an meinem Boot, womit ich mich noch gar nicht vertraut machte. Zwar hab ich ihn mir hin und wieder angeschaut und versucht den Leinen und Fallen zu folgen, aber so zusammengebunden und abgelegt, wurde ich einfach nicht schlau draus, wo was fehlen könnte. Sicherlich wäre es etwas anderes, wäre ich beim Abriggen mit dabei gewesen. Doch ich übernahm das Boot aus dem Winterlager mit gelegtem Mast und wusste nicht, ob alles noch vorhanden war. Die Voreigner selbst waren nicht wirklich vertraut mit dem Boot, dass nur eine Saison in ihrem Besitz war. Beim Abriggen bekamen auch sie Hilfe. Ich muss mich also auf mich selbst verlassen...
Wir laden auf. Mast und Baum mit Groß kommen auf den Abschlepper, ich folge meinem Seemann mit der Akua am Haken zur Lagunenstadt. Mein Herz rast, ich bin den Tränen nahe. Mein Traum wird sich erfüllen. Ich werde mit meiner Varianta 65 aufs Wasser gehen. Nichts steht mehr im Wege...

Ich folge Mast und Baum 

stolz manövriere ich die Akua durch die Straßen

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