Einmal quer rüber - Heimkehr
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Neuwarp bei Nacht |
Als ich von Wapnica aufbreche, um
erneut Nowe Warpno anzulaufen, drücken fette graue Wolken auf das
Haff. Es hatte aufgehört zu regnen. Nur ein schmaler Lichtschimmer
am Horizont lässt vermuten, dass die Sonne nicht verloren gegangen
ist. Und genau dorthin muss ich.
In der Mündung konnte ich das Groß
setzen, um dann mit Kurs 160 Grad und später 120 bei südlichen
Winden gut Fahrt zu machen. Der Vorteil eines solch kleinen
Dieseltanks, wie ihn meine AKUA hat, liegt in dem Ansporn, auch so
wenig Sprit wie möglich zu verbrauchen. Ich sehe also zu, dass ich
die Tücher so schnell wie möglich hoch bekomme und damit den Motor
abstellen kann. Darin werde ich immer routinierter. Nach der Mündung
ändere ich meinen Kurs auf ca. 90 Grad und dann auf 130 bis hinter
die Tonne M1 und mache bei 3 bis 4 bft ordentlich Meilen. In der Wasserstraße
Oder – Swinemünde muss ich einem Frachter ausweichen. Überhaupt
sind kaum Boote unterwegs. Ein weiterer Segler, eine Hanse 38, kreuzt meinen Weg, als ich bereits Kurs auf Altwarp nehme. Aber das
war's dann auch schon mit Begegnungen auf dem Haff. In der Zwischenzeit löst sich die schwere
Wolkendecke auf und lässt den blauen Himmel hindurch blicken.
Irgendwann liegt die Decke gänzlich hinter mir. Es wirkt ein
bisschen mystisch, wie ein Teppich auf dem Haff unter dem ich durchgesegelt bin.
Bei der Ansteuerung von Altwarp halte ich mich
nicht an die Fahrrinne und kürze ab, lasse die Reusen diesmal
steuerbord liegen. Das war kein Fehler, denn so konnte ich auch diese
ominöse gelbe Tonne mit dem Kreuz weit von mir ausweichen.
Das Anlegen war schon Routine.
Allerdings stehen zwei neue Festmacher auf meiner Wunschliste. Meine
sind einfach zu kurz geraten und die Führleine zu dünn, um sie
grundsätzlich als Festmacher zu benutzen. Bei starkem Wind traue ich
ihr nicht mehr. Ich weiß gar nicht, was ich mir dabei dachte, als
ich nur 2x6m für den Bug bestellte. Die 2x8m fürs Heck wären dann
in Ordnung, wenn ich auf 2x12m aufstocken würde. Als
Einhandseglerin möchte ich bevorzugt meine Festmacher vom Boot aus
lösen können. Das gibt mir mehr Sicherheit, als vom Land aus, um
dann aufs Boot zu springen...
AKUA liegt gut und ich kann getrost aus
meiner Segelkleidung raus. Seit meiner drohenden Erkältung habe ich
auf eine weitere Unterhose aufgestockt. Bewährt haben sich
Fußballkniestrümpfe und Skisocken, denn die Kälte kriecht gerne
unter die Hosenbeine. Nicht mehr wegzudenken sind meine Barfußschuhe.
Die haben eine dünne Kautschuksohle, die einen irren Gripp hat,
selbst wenn das Deck nass ist. Hinzu kommt, dass ich alles unter
meinen Füßen ganz genau spüren kann. Auch dass gibt mir
Sicherheit. Gerade wollte ich es mir auf dem Sofa im Salon und einem
heißen Käffchen in der Hand gemütlich machen, da höre ich
Motorgeräusche. Als ich aus dem Niedergang hinausschaute, sehe ich
die Lütt Matten auf der anderen Seite anlegen. Gut zu wissen, denn
ich dachte schon, ich bekomme einen Nachbarn oder müsse gar weg von
diesem Anleger. Also zurück auf die Couch.
Und wieder lässt mich
ein Motorengeräusch aufhorchen. Dieses jedoch klang deutlich fetter.
Als ich rausschaute, traute ich meinen Augen kaum. Das Baggerschiff
kam immer näher und ich stand da wie erstarrt, in meinen Unterhosen
und Fußballsocken. Das will doch nicht etwa hier anlegen. Das ist
doch viel zu groß! Und so kann ich nicht unter die Leute... Endlich
zog es ab und fuhr am gesamten Anleger vorbei. Man, ich muss viel
ruhiger werden!
Bei bestem Wetter gehe ich erneut auf
Entdeckertour. Diesmal nehme ich einen Weg, der parallel zum
offiziellen am Haff entlang führt und werde mit einer wunderschönen
Herbstlandschaft belohnt. Was für eine herrliche Natur!
Noch in der Nacht und schon wieder am frühen Morgen war das
Baggerschiff unterwegs. Beim Ablegen lasse ich es hinter mir. Dennoch
verzichte ich darauf in den Wind zu drehen, um die Segel zu setzen,
denn dieser kam genau von Achtern und hätte mich dann entgegen
direkt zum Baggerschiff geführt. Also versuche ich mein Groß
irgendwie auch so hochzubekommen. Bei gerade mal 1bis knappen 2bft
ist es tatsächlich möglich. Das Schwert lasse ich drin und öffne
den Baum so weit mir möglich. Mit jeder Meile nimmt der Wind zu und
wir kommen gut unter Segel die Fahrrinne hindurch. Hinter der
Altwarper Landzunge und den Reusen im Flachwasser backbord drehe ich
auf 270 später 240 Grad und donner mit 6kn ungerefft übers Haff. Das Schwert
bekomme ich so nicht mehr raus. Der seitliche Druck ist zu groß. So
nehme ich die Abdrift in Kauf. Ich habe ohnehin das Gefühl, es mit
einem Katzensprung zu tun zu haben.
In weniger als drei Stunden sehe
ich meinen geliebten Leuchtturm und passiere den Ueckerkopf. Was für
ein schöner Moment, als ich meinen Seemann den Steg entlang kommen
sah! Ich reiche ihm meine Leinen und wir umarmen uns endlos lange!
Eine Umarmung, die sich nach einer langen Reise anfühlt und nach
Ankommen, nach Heimat und nach Hafen, vor allem aber nach Zuhause!
Fakten:
- von Wapnica nach Nowe Warpno am 18.10.2019
- Start: 9:26 Uhr, Ankunft: 14:00 Uhr (4h 34min)
- 17,7 sm (32,9km)
- 3-4 bft
- Wind aus Süd
- Wetter: morgens regnerisch und bewölkt, dann klart es auf, sonnig
- Besonderheit: freier Internetzugang der Stadt Neuwarp

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