Auf wichtiger Mission

 

Es war ja nur so eine Idee, ein laut ausgesprochener Gedanke. Wie lange haben wir uns schon nicht gesehen? Ich glaube 20 Jahre oder so. Und nun wollen meine Cousine und ihr Mann mit dem Wohnmobil nach Schweden reisen. In Ystad könnten wir uns treffen, kommt es mir nach einem kurzen Blick auf die Karte in den Sinn. Sowas ist schon mal schnell dahergesagt. Die paar Seemeilen, eine Tagesreise eben. Ganz locker behalten wir die Idee mal im Hinterkopf.

Am 24.5. starte ich nach einigen Tagen Verzögerung mit meiner gut verproviantierten Akua Richtung Wolgast. Durch meine Trödelei die Tage zuvor, muss ich mich nun beeilen. Ich hab nur noch zwei Tage, bis es kräftig pusten wird. Und da will ich schon in der Marina Lubmin sein.

Die Zecheriner Brücke 12.45 packe ich nicht mehr. Und es regnet. Meine liebe Nachbarin fährt mich in die Lagunenstadt. Sie hat die Schlüssel zum Haus und versucht das Elend in den Blumentöpfen wieder zum Leben zu erwecken und meine Post zu checken. 


Also, ich bin viel zu früh an der Karniner Brücke. Wind ist kaum noch. Also tucker ich zwei Stunden im Standgas zur Zecheriner Brücke. 20 min später öffnet sie sich, prima und weiter geht es nach Wolgast. Das ich mittlerweile Strecken wähle, die etwas länger sind, hängt wohl damit zusammen, dass ich mir nach meiner großen Schwedenreise 2021 deutlich mehr zutraue. Auch die Aufregung vor dem Ablegen ist nicht mehr ganz so groß. Irgendwie fühlt sich das gut an.



Nach der Brücke frischt es ordentlich auf, die Sonne wird von schweren Regenwolken verdeckt und ja, es schüttet. Ich will gar nicht meckern, denn mit über 6kn und achterlichen Wind, saust die Akua durch den Regen übern Peenestrom. Das hebt die Laune enorm und ich denke an Stiefel. Warme Stiefel. Sau teure Gorotexsegelstiefel. Ich muss sie haben! Mit dem Verschwinden des Regens, ebbt auch der Wind ab. In der Nähe der Mündung nach Wolgast bleibt er dann gänzlich weg, so dass ich bis zum Stadthafen motoren muss. Noch ist es hell und ein freies Plätzchen gibt es auch.



Am nächsten Morgen nehme ich bereits 7.45 die Brücke. Ich möchte endlich in Lubmin ankommen. Schon seit vielen Jahren, damals noch ohne Boot, machte ich regelmäßig ein paar Tage Urlaub im Seebad Lubmin. Dieser Ort ist mir so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mir wünschte, eines Tages mal in der 2007 erbauten Marina mit meinem Boot anzulegen. Und nun gehört es schon fast zum guten Ton mit der Akua dort ein paar Tage zu bleiben. Der Hafenmeister wundert sich. Eigentlich bleiben die Boote hier nicht so lange.

Eine halbe Stunde nach dem Anlegen fegt schon ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Tage über die Marina. Drei Segler versuchen noch schnell Unterschlupf zu finden und haben mächtig Probleme trotz größerer Crew, schadenfrei anzulegen. Was bin ich froh, dass ich es noch rechtzeitig schaffte. Ganze drei Tage pfiff der Wind mit bis zu 45kn durch die Masten. Mein Vorhaben, auch bei Wind und Wetter die 2,8km nach Lubmin reinzuwandern, blies ich gleich mit in den Wind. Heizung an, DVDs in Dauerschleife bereitlegen und es sich im Salon mit reichlich Salamisticks, Maisflips und Butterkeksen gemütlich machen.













Ich möchte nicht mehr länger in Lubmin bleiben und verabschiede mich Morgen nach Pfingsten von meinem schönen Liegeplatz mit Blick auf die Hafeneinfahrt, checke aus und lege nach Sassnitz ab.  Und mal wieder, als ob ich es bereits ahnte auch der Wind und zwar ums Nordperd herum. Und ab da ist es ganz vorbei. Auf Höhe Sellin frischt es jedoch wieder ordentlich auf. Mit achterlichem Wind schaukle ich Sassnitz entgegen und werde von gleich zwei Booten überholt, eins war ähnlich groß wie die Akua, allerdings mit einer Genua ausgestattet. Akua ist und bleibt ein gemütliches Segelboot.

Vorm Anlegen in Häfen, die ich bereits kenne, bin ich nur mäßig aufgeregt. Einige Plätze im vorderen Bereich für kleiner Boote sind noch frei. Das Anlegen zwischen den Dalben bereitet mir keine Mühe. Ich bin das von der Lagunenstadt gewohnt. Naja und störenden Seitenwind gab es auch nicht.


Vorgenommen hatte ich mir, dass ich gleich am nächsten Morgen nach Ystad aufbrechen werde. Mittlerweile kam eine Nachricht von meiner Cousine, dass sie definitiv dort stoppen werden. Zugegeben, ohne die Aussicht auf ein Treffen mit ihr, hätte ich mich nicht auf den Weg nach Schweden gemacht. Vor hatte ich sogar noch Bornholm zu runden. Aber nein. Die Vorstellung ohne einen lieben Partner an meiner Seite eine neue Insel oder Gegend zu erkunden und dann irgendwann einmal mit ihm dahin zu segeln und als Reiseführerin zu fungieren, nein, dass will ich nicht, nicht wirklich. Gleichsam liebe ich die östliche deutsche Ostsee, liebe Usedom und Rügen und natürlich die schönste aller Inseln, Hiddensee und nicht zu vergessen, das Haff! Und noch lange habe ich nicht genug davon. Wenn andere vom Beach mit Palmen in der Südsee träumen, sieht für mich ein ordentlicher Strandurlaub mit Kiefern im Rücken und Wetter um die Nase aus. Da darf es schon mal etwas rauer zugehen und trotzdem Sonnenbrandgefahr bestehen. Ich liebe von ganzen Herzen diese Gegend, in die ich ja extra gezogen bin, um hier zu sein. Nein, so ganz alleine zieht es mich nicht mehr wirklich übers Wasser in andere Länder. 

Nur noch Ystad, die Krimistadt, wo einst Wallander zu Hause war, die Stadt des Absprungs für Segler aus allen Richtungen, die Stadt, in der ich nach so langer Zeit meine Cousine wiedertreffen werden. Ich freue mich sehr darauf und auf die Überfahrt. Aber erst muss ich mich wenigstens noch einen weiteren Tag in Sassnitz ausruhen. Mein Rücken bringt mich noch um und das verlängerte Pfingswochenende steckt mir auch noch in den Knochen. So eine wichtige Mission darf nicht Hals über Kopf angetreten werden...!


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