Probefahrt mit Hindernissen
Wenn ich mir eins für Akua
wünschte, dann einen neuen Eigner, der sie ebenso liebt und gern mit
ihr unterwegs ist, wie ich es war, auch wenn sie nur so klein ist.
Eine Frau wäre mir am liebsten, warum auch immer. Doch das kommt mir
wie ein Sechser im Lotto vor. Allein segelnde Frauen sind mir bislang
hier noch nicht begegnet. Ich kam mir wie eine Exotin vor. Ich
versprach Akua, sie nicht in irgendwelche Hände abzugeben, obschon
ich dieses Versprechen vielleicht nicht wirklich halten könne.
Ein junges Paar aus Hannover
kündigte sich für einen Besichtigung an. Einen Tag vorher wollte
ich zumindest schon mal die neuen Segel testen, die ich erst diese
Saison anschlug. Nach meiner Tour auf der Peene unter Motor kam ich
nicht mehr dazu. Draußen auf dem Haff war bei meiner Testfahrt eine
tüchtige Welle und knappe 4 Bft. Das Groß ging einfach nicht ganz
nach oben. Ich holte mir ordentliche Blasen an den Händen. Nix zu
machen und ich musste wieder rein, denn meine Hände konnten nicht
mehr die Fallen bedienen. Das kann ja was werden...
Als sich das junge Paar
meine Akua anschaute, wirkten sie zufrieden, dennoch gewann ich den
Eindruck, dass sie sich auf Fehlersuche begaben, zumindest der Mann.
Bis auf ein paar Äußerlichkeiten sollte nichts zu finden sein. Beim
Probesegeln streikte das Groß auf den letzten Zentimetern. Ich
bekam Akua einfach nicht vernünftig in den Wind gestellt, denn nur so läuft
es sauber der Mastnut aufwärts. Dennoch segelte sie gut.
Der Trailer wurde
begutachtet und der Rest des Zubehörs. Eigentlich würden sie gern
Akua haben, aber... das Groß mache Sorgen und sie müssen noch eine
Nacht darüber schlafen. So verblieben wir.
Mein Seemann ließ das keine
Ruhe und noch am selben Abend fuhren wir in die Lagunenstadt, um der
Sache mit dem Groß auf den Grund zu gehen. Mir war klar, kaputt ist
da nix und siehe da, es brauchte tatsächlich nur den Wind so, dass
der Druck nicht die Mastrutscher festklemmt. Es schaukelt
sich frei ins Top. Wir machen ein Video und schicken es sogleich an
die Interessenten nach Hannover.
Eine Nacht zum
Drüberschlafen genügte wohl doch nicht. Ich bekam keine Nachricht
von den Beiden, am Abend jedoch eine weitere Anfrage von einer Frau.
Ob das Boot noch zu haben sei, wollte sie wissen. Ja, sie steht noch
zum Verkauf. Am nächsten Morgen telefonierten wir und pünktlich 11
Uhr noch am selben Tag traf sie in der Lagungnstadt ein. Weder hatte
sie ein Auto, was die Akua trailern könnte, noch einen Liegeplatz.
Im Achterwasser würde sie sie gern segeln. Ich mache ihr die
Lagunenstadt schmackhaft und bot ihr fürs Winterlager das Autohaus
in Eggesin an. Überreden musste ich sie nicht.
Nun ging es zur Akua. Schön,
völlig ausreichend und es passt! Also raus aufs Haff mit uns. Ich
glaube ans Groß und gebe alles. Wieder fehlen ca. 10 cm. Die
dämliche Falte des Segels oberhalb das Baumes bleibt beharrlich.
Kaum äußerte ich, dass ich Akua gern sauber im Wind haben möchte,
schon stand sie auch im Wind, das Groß rutscht ins Top und... aus
dem Lümmelbeschlag. Aber auch dass lässt sich beheben. Wir segeln!
Und unterhalten uns ein bisschen. Sie kommt ursprünglich vom
Jollensegeln. Als Kind sei sie viel Regatten gesegelt. Und das ist
bis heute spürbar. Während ich immer Fallen und Schoten festlege,
segelt sie die Großschot aus der Hand. Damit läuft Akua deutlich
ruhiger. Es fühlte sich so an, als ob mir Akua sagen wollte, warum ich mit ihr nicht so klar kam. Ich wollte aus ihr einen
Fahrtensegler für Langfahrt machen, so wie ich es die Jahre gewohnt
war, die Segel dem Kurs anpassen und Akua laufen lassen. Doch das ist
Akua zu langweilig. Sie braucht die Verbindung zur Steuerfrau. Und
die beiden kamen gerade bestens miteinander aus. Ich bin äußerst
zufrieden und der Abschied fällt mir nicht mehr ganz so schwer. Auf
dem Weg zurück in den Ueckerkopf schlage ich vor, dass wir bis zur
Altstadt von Ueckermünde tuckern, um ihr ein bisschen von der
Umgebung zu zeigen. Dicht am Ufer entlang testen wir das Echolot.
Ausreichend tief ist es allemal. Dann kracht es unterm Kiel, das
Ruder reißt es aus den Buchsen, gerade so kann ich es noch halten,
dass es uns nicht im Wasser zurückbleibt. Johnson drehe ich
augenblicklich das Gas ab, bis wir in den Seerosen zum Stehen kamen.
Unter uns lag ein dicker Baumstamm im Wasser, den wir nicht sehen
konnten und das blöde Echolot kam nicht dazu, Alarm zu schlagen.
Irgendwie schaffen wir es, das Ruderblatt mit der verbogenen unteren
Welle in die Halterung zu bekommen. Dabei lag die obere Welle nur
angedeutet in der Buchse. Groß manövrieren konnte ich damit nicht,
aber in die Lagunenstadt würden wir es schaffen. Auf dem Weg dahin
habe ich nur einen Gedanken: Das wars jetzt mit dem Verkauf. Sie wird
abspringen. Noch habe ich den Schaden nicht ganz überblicken können.
Am Liegeplatz wird sich zeigen, was alles kaputt ist.
Uns trennen vielleicht nur
hundert Meter vom Liegeplatz, vor uns ein anderer Segler, der auf
seinen Platz will. Er schafft es nicht ganz, setzt zurück und wir
müssen Fahrt rausnehmen. Dann donnert er gegen einen Dalben. Wir
müssen stoppen, drehen eine Ehrenrunde und sind wieder auf Kurs. Ein
Motorboot muss auch noch an uns vorbei. Langsam verliere ich meine
Geduld. Wir meistern auch dass, nur machten wir die Rechnung nicht
mit Johnson. Der streikt und geht aus. Genau in der Fahrrinne dümpeln
wir nun, unfähig zu manövrieren. Der Wind treibt uns an die
Kaimauer. Erst einmal festmachen, dann um Johnson kümmern. Ich lache
mich schlapp, denn der Sprit ist alle, so hab ich doch vor der Probefahrt verlauten lassen, Sprit reicht! Ohne Ehrenrunde hätten wir es
bestimmt geschafft. Einen Ersatzkanister habe ich dabei. Vollgetankt
legen wir erneut ab. Keine 5m später streikt Johnson wieder und ich
hab gehörig die Nase voll. Wieder treiben wir in der Fahrrinne,
diesmal zur anderen Seite an die Dalben. Festhalten und Verschnaufen.
Johnson will einfach nicht anspringen. Dann erkenne ich, dass sich in
der ganzen Aufregung der Benzinschlauch löste. Gott sei dank nichts
Ernstes. Johnson kann wieder gestartet werden, doch ich kann absolut
nicht mehr an der Strippe ziehen. Die Interessentin übernimmt und
siehe da, bei ihr springt Johnson ohne zu murren an. Das sagt ja
einiges aus.
Am Liegeplatz angekommen,
ziehen wir das Ruderblatt auf den Steg. Am Achterspiegel ist nix
kaputt, auch das Ruderblatt selbst hat keinen Schaden, einzig die
untere Welle ist verbogen. Mit Bedacht sollte es kein Problem sein,
sie wieder zu richten. Ob sie immer noch Akua will, hörte ich mich
fragen. Sie lachte und meinte, dass durch die ganzen Zwischenfälle
sich ihr Gefühl zum Boot eher bestärkte, denn so konnte sie ihre
anfängliche Angst vor dem Boot relativieren. Akua sei auch bei unvorhersehbaren Ereignissen noch gut alleine zu händeln.
reparierte Ruderwelle |
Noch am selben Abend
unterzeichnet sie den Kaufvertrag und wir sind uns beide sicher,
manche Boote suchen sich selbst ihre Eigner aus. Das Paar aus
Hannover meldet sich doch noch, einige Dinge wollten sie geklärt
haben. Man würde sich sicherlich einigen. Ich weiß nicht, ich hatte
eher das Gefühl, dass es einfach nur um eine Preisverhandlung ginge.
Doch ich war ohnehin schon am Limit und hätte nur zähneknirschend
einem niedrigeren Preis zugestimmt, zumal ich Akua erst vor ein paar
Tagen inserierte und ich schon die ein oder andere Anfrage hatte, nur
die Entfernung das Problem schien.
Akua ist verkauft! Und ich
konnte mein Versprechen ihr gegenüber halten...! Darüber hinaus
braucht sie nicht einmal ihr Heimatrevier verlassen. Ziemlich schlau
von Akua, denn als sie mich aussuchte, wusste sie noch nichts über
meine lausigen Segelfähigkeiten, aber sie hat bestimmt gespürt,
dass ich mich gut um sie kümmern werde. Auch über einen Verkauf
hinaus.
Akua nicht mehr in meinem Besitz |
Jetzt wurde es ernst. Ich
räume meine restlichen privaten Sachen aus der Akua und mir wird
bewusst, dass ich zum einen jetzt gar kein Boot mehr im Wasser habe
und zum anderen mit Akua nicht mehr segeln kann. Ganz traurig
stimmte mich das und ich versuchte nicht daran zu denken. Eine knappe
Woche später ist Übergabe. Trotz aller Sentimentalität habe ich
ein äußerst gutes Gefühl vor allem der neuen Eignerin gegenüber.
Noch am selben Tag legt sie ab und kreuzt auf dem Haff. Ich freue
mich einfach nur – für beide!
Ich wünsche der neuen
Eignerin und Akua eine wunderschöne gemeinsame Segelzeit und eine
Handbreit Wasser unterm Kiel!
PS: Ich hab eine Einladung zum Segeln auf der Akua bekommen!!!
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