Vorfreude - sobald die Sonne strahlt


Gestern Morgen legte sich eine dünne Schicht Schnee auf die Wiese vorm Haus und verdarb mir die Laune. Der Sonnenaufgang zwischen den kahlen Bäumen war dennoch schön anzusehen. Ich muss zugeben, dass ich die Tage zähle, bis die Akua endlich ins Wasser kann. Einerseits. Andererseits ist die ToDo-Liste noch recht lang. Die Zeit wird knapp...

Das Haff zugefroren

Seit Tagen suche ich verzweifelt meine Navigationsbesteck, welches ich erst kürzlich noch vor meinem Umzug nach Ueckermünde besorgte. Nichts zu machen, es ist verschwunden. Und die aktuellen Seekarten, die ich bestellen wollte, sind noch nicht gedruckt. Bis März muss ich mich gedulden. Dafür treffen täglich Bücher im Postkasten ein. Alles was ich über die Ostsee finden kann, landet im Warenkorb - Erfahrungsberichte anderer Segler und Seglerinnen: Merle Ibach, die mit Anfang 20 die Ostsee rundete, Wilfried Erdmann, der sogar Ueckermünde und Eggesin in seinem Buch erwähnt, Bastian Hauck, der mit der Tadorna, einem alten Folkeboot bis St. Petersburg unterwegs war, Sönke Roever, auch er besegelte einen ganzen Sommer die Ostsee und letztlich auch Stephan Boden, der mit einer Varianta 18 auf große Reise ging. Besonders jedoch freue ich mich auf Hartmut Ehmlers Buch Jollenwandern. Das ich mich für eine Varianta 65 entschied, hat seine Gründe. Nicht der finanzielle Rahmen spielte dabei eine übergeordnete Rolle. Nach einiger Zeit auf Langfahrt mit 45 Fuß und vielen Annehmlichkeiten, die einem das Leben auch auf einer solchen Reise erleichtern, stieg die Sehnsucht, den Elementen noch näher zu kommen. Ich liebe den Regen in meinem Haar, die Kälte in den klammen Fingern, wenn sie sich an der heißen Tasse Tee aufwärmen, die Nase läuft unentwegt und draußen zerrt der Wind am Bötchen. Jede Bewegung wird spürbar. Auf den großen Segelyachten fühlte ich mich taub und stumpf.

Ich erinnere mich, wie ich als Kind Landkarten zeichnete. Dann schrieb ich Listen, was ich alles auf meine große Reise mitnehmen würde, eine Reise ins Ungewisse. Regelmäßig scheiterte ich an der Anzahl der Streichholzschachteln, die ich mitnehmen wollte. Ich hatte Angst, es würde der Tag kommen, an dem sie alle aufgebraucht sind und ich meine Reise beenden muss.


Und heute komme ich mir erneut wie das Kind von damals vor. Mein Seemann tröstet mich über das verloren gegangene Navigationsbesteck hinweg. In einer Schublade liegt sein ehemaliges. Heute braucht er es nicht mehr, ebenso wie die alten Kartensätze aus 96, 02 und 05. Seine Blue Lady verfügt über einen großen Chartplotter, der ihm sämtliche Informationen liefert.

Nun hocke ich vor den Karten, die sich über den Wohnzimmerboden verteilen. Ganz geheuer ist meinem Seemann nun doch nicht, denn ich studiere gerade die Nordsee. Ich kann ihn beruhigen, die Ostsee interessiert mich und zunächst das Haff. Siehe da, der Kartensatz von 2005 von unserem Revier ist vollständig, Ersatzkarten von 2002 sind auch noch da. Ich strahle über beide Ohren meinen Seemann an.

Die Arbeit ruft!


Log-und Skizzenbuch warten auf ihre ersten Einträge, der Camcorder ist bereit... Was nützt die Träumerei! Ich muss zur Akua, das Unterwasserschiff ist noch immer nicht fertig, die Holzteile nicht komplett bearbeitet. Auch die Elektrik ist nicht gemacht. Im Boot sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa und dabei scheint heute die Sonne, als ob es schon Frühling wäre...

Sonnenaufgang über Eggesin

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