AKUA nui und die Liebe
Drei lange Wochen musste ich AKUA nui
in der Werft zurücklassen. Nicht weil der Einbau des See-WCs so
lange dauern würde, nein, wir machten uns mit dem Boot meines
Seemanns auf unsere jährliche und bald traditionelle Boddentour. In
dieser Zeit kann sich Nautical Mile um die Toilette kümmern. Auch
wenn uns schöne Tage bevor standen, war ich dennoch in Unruhe.
Endlich, der Krantermin für meine Akua steht nun fest, das WC wurde getauscht, Akua ist nun bereit nach langer Pause an Land fürs Wasser. Es wird doch alles gut gegangen sein mit dem WC? Haben sie auch die
richtige Position gewählt? Sauber gearbeitet? Schließlich müssen
zwei Löcher in den Rumpf...! Seit ich an meiner AKUA arbeite, haben wir uns zusammengeschweißt wie Pech und Schwefel. So wie meine Varianta zuvor auch, lernte ich nun ebenso die Dehler 28 kennen. Sicherlich noch nicht in- und auswendig, aber nahe dran. Ich habe keine Ahnung, wie sie im Wasser liegt, wie sie segelt, wie sie sich überhaupt in sämtlichen Situationen verhält, doch das Gefühl, dass wir zusammengehören, verstärkt sich immer mehr. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an mein Boot denke, mir vorstelle, wie es wäre, mit ihr zu segeln... Ich hatte irre Sehnsucht nach ihr.
Den
Abend vorm Krantermin verladen wir den Mast auf dem Abschlepper vom Autohaus.
Der Mast ragt deutlich über die Ladefläche und schaukelt bei jeder
Bewegung. Mit allem was wir finden können, stabilisieren wir ihn. Ob
das man gut geht? Ich beschließe noch am Abend den Mast zur
Werft zu bringen. Abends sei es auf den Straßen ruhiger... Keine 500
m später überholt uns ein Polizeiauto, dann drängelt ein
Rettungswagen hinter uns. Wer hätte gedacht, dass nach neun immer
noch so viel auf der Dorfstraße los ist. Dicht hinter dem
Abschlepper und immer den Blick auf meinen Mast gerichtet, kommt mir
die Fahrt unendlich lang vor. Ob so ein Mast auch brechen kann?
Noch ein paar Stunden schlafen, dann...
In Gedanken gehe ich noch einmal das Rigg durch. Den Baum montiere ich später. Ich werde mich erst einmal nur aufs Kranen und
Maststellen fokussieren. Sind alle Teile, Bolzen, Splinte auch
wirklich vorhanden? Um Gottes Willen, mir darf vor Aufregung nichts
ins Wasser fallen! Bei der Varianta muss man den Mast nicht kranen.
Den kann man gut mit zwei, besser drei Leuten stellen. Mir wird
bewusst, dass ich noch nie einen Mast gestellt habe, der gekrant
werden musste.
Als ich die AKUA nui übernahm, stand
sie mit gelegten Mast an Land. Ich musste den Vorbesitzern vertrauen,
dass alles mit dem Boot in Ordnung ist und auch nichts fehlt. Es fiel
mir schwer den Überblick zu gewinnen. Einfacher wäre es gewesen, wenn ich
zuvor das Boot abgeriggt hätte und zumindest schon mal gesehen
hätte, wo alles hingehört und was es braucht.
AKUA nui stand im Industriehafen bereit, die Gurte schon um ihren Bauch gelegt. Ich konnte es kaum erwarten, klettere zügig an Bord
und schaute auf das Wunderwerk! Mein See-WC ist montiert und steht
perfekt! Ich entschied mich gegen einen Schwanenhals, da ich lieber
die Seeventile nach jedem Benutzen schließen möchte. Damit bleiben
sie beweglich und ich kann spüren, ob sie in Ordnung sind. Nach den
Ventilen sind mir zu viele Stellen, die undicht werden könnten, da
nützt auch der Schwanenhals nix.
Mein Herz schlug, als ich beobachtete,
wie AKUA nun endlich nach gefühlt unendlich langer Zeit zurück ins
Wasser gehoben wird. Ich war sogar den Tränen nahe, selbst jetzt, wo
ich darüber schreibe. Ein Werftarbeiter springt aufs Boot und
kontrolliert das See-WC. Die Ventile sind dicht, nur ein Schlauch
leckt noch, das kann schnell erledigt werden, sobald wir hier fertig
sind. Dann begebe auch ich mich aufs Boot und kontrolliere Bilge,
Motorraum, Staufächer und Backskiste nach Wasser. Nix! AKUA ist
absolut dicht!
Nun gilt alle Aufmerksamkeit dem Mast.
Während der Chef von Nautical Mile über Segelboote wettert, zu viel
Gestrüpp und Zeugs - er schwört auf Motorboote! - entdeckt er,
einem Segelprofi gleich, falsch gelegte Fallen und sortiert in
Windeseile das sogenannte Gestrüpp. Ich staune nicht schlecht, bin
beeindruckt!
Der Mast schwebt über AKUA nui. Zuerst
werde ich den Mastbolzen montieren. Bloß nix aus den Händen
verlieren! Zielgenau liegt der Mast auf dem Schuh, Bolzen rein und
Mutter drauf! Auch die Furlex und das Achterstag sind schnell
befestigt. Nix geht über Bord! Das war der erste Streich. Und wieder
entdeckt der Chef einen Fehler. Die Wantenaufnehmer sind vertauscht.
Die Wanten würden sich kreuzen. Wir bauen um und montieren dann.
Fertig! Das wars... Ich blicke auf und kann es kaum glauben. AKUA nui
im Wasser mit Mast... Meine AKUA!
Auch diesmal springt der Motor sofort
an. Die Festmacher werden gelöst, noch einmal die Hand zum Gruß
gehoben, dann tucker ich aufs Haff und ich bin in einer anderen
Welt. Diese Welt ist die schönste, die ich je kennen gelernt habe.
Ich lasse meinen Blick
übers Boot schweifen bis weit übers Haff. Es war ein langer Weg bis
hier her. So voller Steine und dann wieder ohne Boden unter den
Füßen. Ein großes Ziel vor Augen und so oft daran gezweifelt. Was habe ich für
ein irres Glück im Leben! Ich wünsche mir so sehr, dass mich meine AKUA nui noch ganz lange begleiten wird. Ich will
sie erleben, all die Abenteuer, darüber schreiben und zeichnen, will
die Einsamkeit erleben, die gar keine ist, Mutter Erde ganz nah sein,
auf ihren Lebensadern, gesäumt von herrlichen Ufern, Fische fangen
und mit Enten sprechen. Mit jedem Tag auf meiner AKUA werde ich
immer mehr mit ihr verschmelzen. Irgendwann werden wir eins sein. Ich
werde nicht mehr überlegen müssen, welches Fall wo liegt, nicht
mehr über die Schritte nachdenken, die zu tun sind. Alles wird
intuitiv gehen, Worte und Gedanken werden seltener, bis nur noch
Gefühle übrig scheinen. Das Haar von der Sonne fast weiß, die Haut
braun, der Blick offen und voller Erfahrungen...
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