last but not least

...oder drei mal ...münde!

 Logbucheintrag der AKUA nui

Als ich wieder in Peenemünde lag, sah ich ein kleines Boot mit dreiköpfige Besatzung reinkommen. Gerade zahlte ich meine Hafengebühren und blieb direkt am Steg, um beim Anlegen zu helfen. Ich hörte wie ein weibliches Crewmitglied sagte, sie können sich ja neben die schöne Dehler legen. Das hat sie wirklich gesagt! Schöne Dehler! Das ging runter wie Öl... Als sie vertäut waren, kehrte ich zurück auf meine Akua. Sogleich kamen wir ins Gespräch. Ich hab leider vergessen, was für ein Boot es war, vielleicht hatte es 23Fuß, aber nicht mehr. Dem Eigner war unverständlich, wie ich es alleine in die Häfen schaffe. Er hatte trotz seiner Besatzung schon Schwierigkeiten. Ich erinnere mich an meine kleine Varianta 65. Wie war ich da aufgeregt, als ich zum ersten mal anlegte. Und nach meiner Tour ohne Mast die Peene bis Malchin hoch und wieder zurück hatte ich es endlich drauf, zumindest mit einem 6,5m Boot. Das konnte ich noch mit der Hand am Dalben bremsen. Jetzt geht das natürlich mit der AKUA nui nicht mehr. Dafür hab ich ja nun auch einen Innenborder, mit dem ich aufstoppen kann.

Ich bleibe nur eine Nacht in Peenemünde, bevor ich mich nach Swinemünde aufmache. Ich verfolge schon seit Tagen das Wetter. Schaute ich Morgens gab es Sturmwarnung, schaute ich Abends hieß es Flaute oder umgekehrt. Dass es so einen krassen Unterschied machte, wann ich mich zu welcher Tageszeit informierte, erlebte ich bislang so noch nicht. Es war wie verhext. Die Aussichten waren mehr als schlecht und Sturm wäre mir da schon fast lieber gewesen. Nein, Flaute mit Regen waren letztlich prägend. 

Schmetterlingssegeln an der Küste von Usedom entlang

Spektakulär war an dem Törn letztlich nichts so sehr. Mein Autopilot funktionierte wieder super und unter Motor hatte ich auch kein Problem mit der Stromversorgung. Es kamen sogar Langfahrtgefühle auf. Rausgucken ob vor einem alles frei ist, keine Boote, keine Netze, ab wieder runter unter Deck für knappe 10min an den Kartentisch gehockt und aufs Tablet geschaut, was der Kurs sagt, Kaffee geschlürft und Butterkekse gegessen. Es läuft, wenn auch nur unter Motor. In Lubmin tankte ich bereits nach. Ich führe zwei Zusatzkanister mit 5 und 10l mit, der Haupttank fasst 25l. Bei den Entfernungen kann mir also nix passieren. Ich kann bis Swinemünde durchmotoren, was ich aber blöd fände. 

Endlich kam im letzten Drittel etwas achterlicher Wind auf. Immerhin schaffe ich es unter Segeln bis in die Einfahrt hinein. Schon draußen begegnen mir allerhand Pötte. Ich bin ein Winzling dagegen. Der Strand sieht toll aus und ich nehme mir vor, gleich nach dem Anlegen hier her zu spazieren. Tatsächlich kann man von der Marina in Swinemünde locker flockig zum Beach spazieren. 

Dennoch, so ganz unemotional bin ich nicht. Schließlich geht ein weiterer Traum in Erfüllung und das schon fast so nebenbei, Die Küste Usedoms bekommt nun auch einen Haken hinter. Auch wenn ich die Insel aufgrund meiner Masthöhe nicht ganz runden kann - kleiner Boote können getrost über Wollin reisen, was ich sogar empfehlen kann, denn landschaftlich hat diese Route doch einiges zu bieten – freue ich mich nun auf Swinemünde. Hier kenne ich mich schon aus, denn wir sind öfter mit dem Schiff meines Seemannes hier. Die Polen machen weniger Coronagedöns, als ich erwartet habe. Pflicht beflissene Deutsche marschieren jedoch mit Maske ins Hafenbüro, der Rest kümmert sich nicht darum. 

Und wie immer sind die Polen freundlich. Ah, alleine, Frau alleine, oh! Ich erhalte meine Karte und wandere zurück zum Boot. Ich liege am letzten Steg der Marina, mit freien Blick auf die Hafeneinfahrt. Mich zieht es zum Strand und werde mit einem richtig schönen Spaziergang belohnt.



Natur pur auf dem Weg zum Strand



Strand von Swinemünde

Auch wenn es hier so herrlich ist, zieht es mich zurück nach Ueckermünde. Ich bin jetzt fast zweieinhalb Wochen unterwegs. Das ist eigentlich nix im Vergleich zu der Zeit, wo ich noch auf Langfahrt war. Dennoch, ich spüre, dass es genug zu sein scheint. Ich bin noch immer überwältigt von Rügen und Hiddensee und nun von Usedom. Ich fühle mich schlicht voll, oder besser so erfüllt, dass nix mehr reinpasst und ich habe Sehnsucht nach meinem Seemann und nach dem Haff. Ich möchte wieder nach Hause, zweifelsfrei, ich habe vorerst genug. Ich finde dieses Gefühl dermaßen schön und vor allem so selten. Meist muss ich was beenden was gerade so schön begonnen hat, ohne es zu beenden zu wollen. Wer kennt das nicht, das Gefühl, der Urlaub könnte doch länger sein, oder die Umarmung, oder das Wiedersehen eines geliebten Menschen oder oder oder... Ich habe tatsächlich Heimweh, ein Gefühl, was ich über die Jahre verloren glaubte, denn um es zu spüren, benötigt es eine Heimat. Ich fühlte mich viele Jahre jedoch eher ohne diese, befand mich auf der Suche nach dem perfekten Ort auf der Welt, der Ort, an dem ich meinen Anker fallen lassen könnte, für unbestimmte Zeit, für immer... Schweden, die Kanaren, Griechenland, Brasilien – alles ganz wunderbare Flecken auf der Erde, doch es war das Haff, was mich durch einen klitzekleinen Zufall zum Bleiben noch nicht einmal überreden musste. Ich konnte einfach nicht mehr weg von hier.


Kaiserfahrt mit Blick auf die Hafföffnung


Ich motore die Kaiserfahrt entlang. Dank meiner Pinnensteuerung kann ich mich auf den Bug hocken und die Beine baumeln lassen. Ich versuche mit meinen Füßen zum Wasser zu gelangen, das ein oder andere Mal schwappt eine Bugwelle hinauf und ich jauchze wie ein kleines Kind. Ich kann es schon spüren, das Haff und als es endlich da war, fühlte ich mich so gerührt, dass ich kurz vor den Tränen war. Mit einem Schlag war alles wie gewohnt. Hier kenne ich mich wieder aus, hier fühlt sich alles vertraut an... Noch weiß ich nicht, was die Zukunft bringt, noch weiß ich nichts von einem Vertrag, den ich unterzeichnen werde und das besiegeln soll, was ich hier empfinde und über so viele Jahre suchte. Und so plötzlich und unerwartet wie mir vor drei Jahren Ueckermünde über den Weg lief, Ueckermünde und das Haff, so  beiläufig tauchte auch ein kleines unscheinbares Häuschen auf -  schlicht, bescheiden, in die Jahre gekommen, geliebt und vernachlässigt und fußläufig von meinem Heimathafen entfernt, vom Strand von Ueckermünde und von der wunderschönen Altstadt... ein Ankerplatz der das unterstreicht, was mich nun schon seit drei Jahren begleitet: Heimatgefühle.

Schon von weitem sehe ich den Ueckerkopf mit seinem Leuchtturm, ich biege bagbord in die Hafeneinfahrt der Lagunenstadt ein, alle Leinen sind bereits zurechtgelegt. Auf meiner Reise erlebte ich kein einziges missglücktes Hafenmanöver und es kommt, wie es kommen musste. Gerade als ich in meine Box biegen möchte, saust eine Bö über mein Schiff, so dass ich den Bug nicht mehr vernünftig herumbekomme. Noch einmal gebe ich ordentlich Gas mit dem Motor, doch auch der lässt mein Boot nicht mehr auf den Teller drehen und Akua saust geradewegs auf den Dalben zu. Es scheppert so laut, dass sicherlich nun jeder gehört haben muss, dass ich angekommen bin. Was fürn Scheiß. Akua reißt es die Ankerführung raus und ich laufe knallrot vor Scham und Wut an. Aber! Ich bin Zuhause... und das vor der Fides, die sich durchs Achterwasser quälte und aus Stadt Usedom kommen müsste.

Das war das letzte mal in dieser Saison, dass ich rausgesegelt bin. Eigentlich wollte ich noch eine kleine Herbsttour wie letztes Jahr auf der polnischen Haffseite machen. Ich weiß nicht so recht, was mich abhielt, der Dalbenrammer, Coronascheiß mit Maskenball oder aber doch das Gefühl der Erfüllung. Tatsächlich erlebe ich mich noch Wochen nach meiner Reise als satt und voller Eindrücke. Es passt schlicht nix mehr rein. Und nun erklärt sich auch für mich, warum ich auf den vier Jahren Langfahrt schließlich kapitulierte. Mir waren es eindeutig zu viele Eindrücke, die ich einfach nicht schaffte zu verarbeiten, grad so wie es kleinen Kindern ergeht, die nicht einschlafen können, weil ihnen der Tag einen Haufen Erlebnisse bescherte, die ihnen noch im Kopf rumspuken. Dafür bin ich nicht müde geworden einfach nur auf dem Haff zugurken und die diversen Häfen aufzusuchen. Ich habe mal gezählt. Insgesamt können wir auf acht Häfen auf deutsche Haffseite zurückgreifen, wobei ich Ueckermünde als einen zusammenfasste und Anklam mit ins Boot holte. Polen trumpft mit sechs Häfen, zähle ich Stettin und den Weg bis dahin nicht mit dazu. Kaum ein Segelrevier bietet eine solche Vielfalt, ohne dass man gleich Tagelang unterwegs sein oder gar die Nacht durchsegeln muss.

Nun steht Akua wieder in der Halle der Lackierung vom Autohaus. Mal wieder gibt es neben den obligatorischen Wartungsarbeiten einiges zu tun. Ein paar Neuerungen stehen auf meiner Wunschliste, die die nächste Segelsaison schmackhaft machen werden. Wohin die Reise diesmal gehen soll? Vielleicht Bornholm, vielleicht einfach nur die Küsten von Usedom und Rügen entlang, vielleicht bin ich auch nur auf dem Haff bis Stettin unterwegs...

AKUA nui in ihrem Winterquartier bereit zum Aufrüsten


Blick ins Logbuch:


 vom 19. bis 20.08.2020

Lubmin - Peenemünde – Swinemünde – Ueckermünde


Lubmin – Peenemünde, 8:04 bis 11:30  / 3:26:00 h, 9,5sm / 17,6km, O/NO, 1-2bft,

Peenemünde – Swinemünde, 5:55 – 14:45 / 8:50:16 h, 31,37sm / 58,1km, N/NO, 1-3bft

Swinemünde – Ueckermünde, 7:51 – 14:13  / 6:22:20 h, 20,7sm / 38,5km, SO, 3-4bft


Fakten gesamte Reise:

die magische Acht


Lagunenstadt – Stadt Usedom – Krummin – Wolgast – Peenemünde Nord – Sassnitz – Glowe – Kloster – Neuhof – Lubmin – Pennemünde Nord – Swinemünde – Lagunenstadt 

232sm / 430km

17 Tage

Pannen, Defekte und Reparaturen:

Wassereinbruch durch defekte Impellerpumpe - behoben, Kompass kaputt – nach der Reise behoben, Autopilot steuert nicht mehr - behoben, Ankerführung rausgerissen – behoben

Investitionen unterwegs:

neue Impellerpumpe, zwei Festmacher 12m

Der neue Kompass

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